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ÖDG-Präsidentschaftsperiode 2012/2013, die ersten Monate

ÖDG Press Briefing: „Non-Stop Revolution in der Diabetologie“

Prim. Univ.-Prof. Dr. Guntram Schernthaner

Anfang März lud die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) Vertreter von Fach- und Laienpresse zum Gespräch, um ihr Arbeitsprogramm für die kommenden zwei Jahre vorzustellen. Die ÖDG nutzte die Gelegenheit, um auf die anhaltend hohe medizinische und volksgesundheitliche Bedeutung der Diabetologie hinzuweisen: Durch intensive Forschung und optimierte Therapien leben Diabetiker heute länger und die Folgeerkrankungen gehen zurück – eine Erfolgsgeschichte, deren Fortschreibung keineswegs selbstverständlich ist. Mehr Patienten erfordern mehr Ressourcen, nicht zuletzt qualifizierte Ärztinnen und Ärzte und entsprechende Ausbildungsplätze.

Die Diabetologie ist eine Erfolgsgeschichte

Eine Kernbotschaft an die Medien war die Feststellung, dass es einer verbesserten Diabetesaufklärung und Diabetesschulung sowie der beträchtlichen Intensivierung der medikamentösen Therapiemaßnahmen – Blutdrucksenkung, Lipidsenkung und verbesserte Diabeteseinstellung – zu verdanken ist, dass es in den letzten 20 Jahren zu einem dramatischen Rückgang der vaskulären Komplikationen bei Diabetes mellitus gekommen ist.

Reduktion der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität

Die Framingham-Studie in den USA zeigte bei Diabetespatienten im Zeitraum von 1976 bis 2001 einen Rückgang der kardiovaskulären Mortalität um 69 % und der Gesamtmortalität um 40 % im Vergleich zu den Jahren 1950 bis 1975. Während in der frühen Phase (1950–1975) die kardiovaskuläre Mortalität und Gesamtmortalität gegenüber Nichtdiabetikern noch um das 3,6- bzw. 2,6-Fache erhöht war, war die Risikoerhöhung im Zeitraum 1976 bis 2001 mit 2,5 bzw. 1,9 schon deutlich geringer. In Dänemark zeigt das nationale dänische Diabetesregister, in dem 360.000 Diabetiker erfasst sind, im Zeitraum von 1990 bis 2006 eine dramatische Reduktion der Mortalität pro Jahr um 3,9 % bei Männern und 2,6 % bei Frauen mit Diabetes. Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass der Mortalitätsrückgang bei Diabetespatienten deutlich stärker war als jener der Patienten ohne Diabetes. In den letzten drei Jahren hat die Diabetesmortalität bei Diabetespatienten in Dänemark sogar um 40 % abgenommen. In einer englischen Populationsstudie mit fast 50.000 Patienten, bei denen zwischen 1996 und 2006 Typ-2-Diabetes neu diagnostiziert wurde, beobachtete man einen Rückgang der Gesamtmortalität innerhalb von zwei Jahren nach Diabetesdiagnose um 47 % bei Männern und um 26 % bei Frauen. Die relative Mortalität der Patienten, die im Jahr 2006 diagnostiziert wurden, war damit um 37 % geringer als bei jenen, die nur zehn Jahre zuvor diagnostiziert wurden.
Die deutliche Prognoseverbesserung der Patienten hat auch beträchtliche Auswirkungen auf die Spitalsaufnahmen und die Folgekosten. So sind z. B. in England innerhalb von nur fünf Jahren – im Zeitraum 2009/2010 versus 2004/2005 – die Spitalsaufnahmen bei Diabetespatienten wegen eines akuten Herzinfarkts oder einer Bypass-Operation um 25 % bzw. 18 % zurückgegangen.

Deutlicher Rückgang der mikrovaskulären Komplikationen

Obwohl die Diabetesprävalenz in den USA von 1988 auf 2008 dramatisch von 5,4 Millionen auf 17 Millionen Diabetiker anstieg, konnte auch das Risiko für Fußamputationen eindrucksvoll gesenkt werden – nach einer aktuellen Analyse allein zwischen 2002 und 2004 um 34 %, Amputationen oberhalb des Knies konnten sogar halbiert werden. Eine weitere populationsbasierte Studie in den USA ergab im Zeitraum von 1996 bis 2006 einen Rückgang der altersadjustierten Amputationsrate von 11 auf unter 4 pro 1.000 Patienten.
Eine globale Metaanalyse an 23.000 Patienten mit Typ-2-Diabetes aus 35 Studien ergab einen Rückgang schwerwiegender Augenerkrankungen bei Patienten mit Diabetes mellitus im Ausmaß von 50 bis 67 %, die Gesamthäufigkeit der diabetischen Retinopathie wurde insgesamt um 50 % reduziert. Die proliferative diabetische Retinopathie als schwerste Form der diabetischen Augenerkrankung wurde um 67 %, das diabetische Makulaödem um 41 % reduziert. Insbesondere bei Patienten mit guter Diabeteseinstellung (mit einem HbA1c-Wert unter 7 %) betrug der Anteil der proliferativen diabetischen Retinopathie und des Makulaödems nur noch 3 % bzw. 4 %, während Patienten mit schlechter Diabeteseinstellung viel häufiger eine proliferative diabetische Retinopathie (11 %) oder ein diabetisches Maculaödem (12 %) aufwiesen. 
Einen ähnlichen Rückgang beobachten wir bei der terminalen Niereninsuffizienz: Obwohl die Prävalenz des Diabetes in den USA von 1996 bis 2007 weiterhin dramatisch zunahm (nicht zuletzt aufgrund der viel längeren Lebenserwartung der Patienten), hat die altersadjustierte Rate von Diabetespatienten an der Hämodialyse in diesem Zeitraum von 344 auf 199 signifikant abgenommen – ein Rückgang von 35 %. Die neuesten Daten aus dem Österreichischen Hämodialyseregister (2010) zeigen für Österreich einen ganz ähnlichen Trend: Von 2004 bis 2010 hat die absolute Zahl an inzidenten Patienten mit einer Nierenersatztherapie in Österreich kontinuierlich von 1.207 auf 1.032 abgenommen. Der prozentuelle Anteil der Diabetespatienten ging ebenfalls von 30 % auf 26 % zurück. Analysiert man die absolute Zahl der inzidenten Patienten mit Typ-2-Diabetes, die eine Nierenersatztherapie benötigen, so zeigt sich von 2004 auf 2010 ein mit der USA vergleichbarer Rückgang um 26 %. Der Rückgang der inzidenten Patienten mit Typ-2-Diabetes an der Hämodialyse ist besonders deshalb bemerkenswert, weil die Gesamtprävalenz des Typ-2-Diabetes auch in Österreich im letzten Jahrzehnt deutlich zugenommen hat.

Multifaktorielle Behandlung entscheidend für Prognoseverbesserung

Die umfassende Verbesserung der Prognose von Patienten mit Typ-2-Diabetes ist ganz wesentlich auf die deutliche Zunahme der multifaktoriellen Intervention zurückzuführen: Neben der Senkung der Lipidwerte (LDL-Zielwert zumindest < 100 mg/dl bzw. < 70 mg/dl für Patienten mit kardiovaskulären Komplikationen), Blutdruckwerte (< 135/80 mmHg) sowie der HbA1c-Werte (< 6,5 % für neudiagnostizierte Patienten bzw. < 7,0 % für Patienten mit bereits vorliegenden vaskulären Komplikationen) sind auch eine vermehrte körperliche Aktivität, eine Gewichtsreduktion sowie ein Stopp des Zigarettenrauchens zu forcieren.  
Bei Patienten mit morbider Adipositas, die im letzten Jahrzehnt weltweit enorm zugenommen hat, wird chirurgische Intervention künftig an Bedeutung gewinnen. Eine Gewichtsabnahme von bis zu 40 kg nach bariatrischer (metabolischer) Chirurgie geht mit einer Remission des Diabetes im Ausmaß von 60 bis 90 % einher. Ist die Diabetesdauer noch relativ kurz und die endogene Insulinsekretion noch hoch, so kommt es auch bei Patienten mit sehr hohen HbA1c-Ausgangswerten zum Absinken auf normnahe Werte. Eine schwedische Langzeitstudie konnte vor kurzem nachweisen, dass dadurch bei Patienten mit Typ-2-Diabetes die kardiovaskuläre Ereignisrate um mehr als ein Drittel gesenkt werden konnte – deutlich mehr als bei Patienten ohne Diabetes (–16 %).

Wert der Blutzuckerkontrolle steht außer Zweifel

Eine große kanadische Studie bei Diabetespatienten mit chronischer Niereninsuffizienz ergab kürzlich einen klaren Hinweis darauf, dass eine gute Diabeteseinstellung (HbA1c 6,5–7,0 %) mit einer deutlich verbesserten Prognose einhergeht. Patienten mit höheren, aber auch jene mit niedrigeren HbA1c-Werten hatten eine deutlich erhöhte Mortalität, womit die Forderung nach einer Individualisierung der Diabetestherapie bestätigt wird. Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und unzureichender Diabeteseinstellung war das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzinsuffizienz signifikant erhöht. Bei Patienten mit sehr schlechter Diabeteseinstellung (HbA1c > 9 %) fand sich eine signifikante Erhöhung von Mortalität und terminalem Nierenversagen. Die wichtige Rolle der Diabeteseinstellung wurde auch in einer sehr rezenten US-Studie mit über 50.000 Diabetespatienten bestätigt, die im Durchschnitt zirka drei Jahre an der Hämodialyse nachverfolgt wurden. Eine schlechte Diabeteseinstellung über den gesamten Zeitraum war mit einer erhöhten Gesamtmortalität und kardiovaskulären Sterblichkeit assoziiert.

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