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Vorübergehender Versorgungsengpass mit Glucagon like Peptide-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA)-hältigen Arzneimitteln zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 in Österreich

Stellungnahme des Vorstandes der Österreichischen Diabetes Gesellschaft


Aktuelle Situation in Österreich

In Österreich sind derzeit drei Arzneimittel, welche GLP-1-RA enthalten, gemäß EKO-Regeltext des Österreichischen Dachverbandes der Sozialversicherungsträger zur Behandlung von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 erstattet.

Dies sind die Präparate Victoza (Novo Nordisk, Wirkstoff Liraglutide zur einmal täglichen subkutanen Verabreichung), Ozempic (Novo Nordisk, Substanz Semaglutide zur einmal wöchentlichen subkutanen Verabreichung) sowie Trulicity (Eli Lilly, Substanz Dulaglutide zur subkutanen Verabreichung einmal wöchentlich).

Aufgrund unterschiedlicher Entwicklungen sind beginnend mit dem 4. Quartal 2022 die Arzneimittel Trulicity (Eli Lilly, Dulaglutide) und Ozempic (Novo Nordisk, Semaglutide) nur eingeschränkt für Patient:Innen in Österreich verfügbar. Neueinstellungen auf diese Substanzen sollten nur unter der indikationskonformen Diagnose Diabetes mellitus Typ 2 bei strikter Indikationsstellung erfolgen.
Aufgrund dieser Gegebenheiten musste vor allem in den letzten Wochen mehrfach auf das täglich zu verabreichende Präparat Victoza (Novo Nordisk, Liraglutide) ersteingestellt bzw. umgestellt werden.

Mit „Rote Handschreiben“ von Ende Juli 2023 wurde von der österreichischen Niederlassung der Firma Novo Nordisk mitgeteilt, dass die Arzneimittelspezialität Victoza im Fertigpen ab September 2023 massiv liefereingeschränkt sei und voraussichtlich ab November 2023 bis auf Weiteres nicht lieferbar sein wird.
Als Grund für die Lieferengpässe gibt Novo Nordisk eine noch nie dagewesene, weltweite Nachfrage nach GLP-1-RA an, wodurch Produktionskapazitäten massiv überschritten wurden.

Folgen der eingeschränkten oder nicht vorhandenen Verfügbarkeit für Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2

Die GLP-1-RA-Präparate Liraglutide (Victoza), Semaglutide (Ozempic) und Dulaglutide (Trulicity) sind in allen derzeit aktuellen internationalen und nationalen Leitlinienempfehlungen zur Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 als Erstlinienpräparate mit oder ohne Kombination mit Metformin genannt, wenn bei Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 bereits kardiovaskuläre Komplikationen eingetreten sind oder ein sehr hohes Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen besteht.
Neben einer Verbesserung der glykämischen Stoffwechselkontrolle und einer meist moderaten Gewichtsreduktion haben diese drei Präparate in klinischen Endpunktstudien mit mehr als 25.000 PatientInnen mit Diabetes mellitus Typ 2 über die Dauer von mehreren Jahren, kardiovaskuläre Sicherheit und/oder Protektion gezeigt. Sie sind daher ein essenzieller Bestandteil der medikamentösen Therapie in diesen PatientInnengruppen.

Bei nicht ausreichender Verfügbarkeit aller drei Substanzen sind derzeit in Österreich keine gleichwertigen Therapiealternativen verfügbar.

Im Bedarfsfall müsste bei Wegfall dieser Therapieoptionen eine Stoffwechselstabilisierung der glykämischen Situation mittels individuell adaptierter Therapieumstellung einschließlich einer Insulintherapie erfolgen, welche neben höherem Risiko für Hypoglykämien (Unterzuckerung) und unerwünschter Gewichtszunahme derzeit keine Evidenz für eine substanzspezifische, kardiovaskuläre Protektion aufweist.

Höchste Priorität hat daher aus Sicht des Vorstandes der Österreichischen Diabetes Gesellschaft die Gewährleistung der Fortführung einer Therapie mit GLP-1-RA-Präparaten bei jenen PatientInnen mit Diabetes mellitus Typ 2, die bereits eine derartige Therapie erhalten.

Laut mündlicher Auskunft der Firma Novo Nordisk Austria (betreffend die Arzneimittelspezialität Ozempic) und der Firma Eli Lilly Austria (betreffend die Arzneimittelspezialität Trulicity) kann in den kommenden Monaten davon ausgegangen werden, dass begrenzte Mengen dieser Arzneimittelspezialitäten zur Behandlung von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 nach Österreich geliefert werden.

Gründe für die Verknappung des Angebotes an GLP-1-RA

Neben verschiedenen Gründen, welche die weltweite Verknappung dieser Medikamentenklasse verursacht haben, ist einer der wesentlichen Auslöser die massiv gestiegene Nachfrage nach diesen Substanzen als unterstützende medikamentöse Therapie bei gewünschter Gewichtsreduktion.

Die einzige Arzneimittelspezialität, welche in Österreich mit der Indikation „medikamentöse Unterstützung bei Gewichtsreduktion“ zugelassen und verfügbar ist, ist die Arzneimittelspezialität Saxenda (Liraglutide max. 3 mg zur 1x täglichen subkutanen Verabreichung der Firma Novo Nordisk).
Gemäß der Information der Firma Novo Nordisk wird auch Saxenda ab September 2023 in Österreich nur stark eingeschränkt verfügbar sein.

Aus oben genannten Gründen soll zur Sicherstellung der Versorgungslage von PatientInnen mit Diabetes mellitus Typ 2, von jeglicher nicht indikationskonformer Verschreibung der Medikamente Ozempic, Victoza und Trulicity Abstand genommen werden. Ein akuter, ärztlich nicht geplanter Therapieabbruch einer laufenden GLP-1-RA-Therapie kann für Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 ungünstige gesundheitliche Folgen haben.

Für die Indikationsstellung „Gewichtsreduktion bei Adipositas“ steht indikationskonform das Präparat Saxenda stark eingeschränkt zur Verfügung.
Eine weitere Arzneimittelspezialität mit der Indikation „Medikamentöse Unterstützung der Gewichtsreduktion bei Adipositas“ ist „Wegovy“ (Semaglutide max. 2,4 mg, Novo Nordisk zur einmal wöchentlichen subkutanen Verabreichung), welches in der EU zugelassen und seit kurzem am deutschen Markt angeboten wird, aber bisher in Österreich nicht verfügbar ist.

Zukunftsperspektiven

Laut Auskunft der zulassungsinhabenden Firmen sollte sich die Verfügbarkeit der unterschiedlichen GLP-1-RA-Präparate im Laufe des Jahres 2024 durch Ausbau der entsprechenden Produktionskapazitäten verbessern.

Neben den bisher in Österreich verfügbaren Arzneimitteln könnten dann auch der duale GIP/GLP-1-RA-Agonist „Mounjaro“ (Eli Lilly, Tirzepatide zur einmal wöchentlichen subkutanen Verabreichung) zur Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 und „Wegovy“ (Novo Nordisk, Semaglutide, einmal wöchentlich subkutan ) zur medikamentösen Adipositastherapie verfügbar sein.

Mounjaro von Eli Lilly ist derzeit in der EU zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen, eine Zulassung zur medikamentösen Unterstützung einer Gewichtsreduktion bei Adipositas ist bei der europäischen Zulassungsbehörde EMA eingereicht.

Das Anti-Adipositas-Medikament „Wegovy“ wird derzeit von Novo Nordisk sukzessive in Europa eingeführt. Wann es in Österreich erhältlich sein wird, wurde noch nicht kommuniziert.
Ob auch die orale Form von Semaglutide („Rybelsus“ von Novo Nordisk als Tablette einmal täglich morgens einzunehmen,) in Österreich angeboten wird, ist derzeit nicht bekannt. Für dieses Präparat besteht derzeit in Europa die Zulassung zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2, eine höher dosierte orale Variante zur Unterstützung der Gewichtsreduktion bei Adipositas wird derzeit in klinischen Studien untersucht. Wann diesbezüglich eine Zulassung erfolgt, ist derzeit der ÖDG unbekannt.

Es ist zu hoffen, dass sich in absehbarer Zeit die Verfügbarkeit bisher in Österreich erhältlicher Präparate und gegebenenfalls neuer Präparate zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 und bei gegebener Zulassung zur medikamentösen Unterstützung der Gewichtsreduktion bei Menschen mit Adipositas ohne Diabetes mellitus Typ 2 deutlich bessert bzw. normalisiert.

Adipositas ist von der WHO als Erkrankung mit entsprechenden ungünstigen gesundheitlichen Folgen anerkannt. Wirksame multifaktorielle Therapie-Interventionen (inklusive einer indizierten medikamentösen Begleittherapie bei Bedarf) sind daher in einem strukturierten Setting medizinisch erforderlich.

Der Vorstand der Österreichischen Diabetes Gesellschaft
18.08.2023

Stellungnahme (PDF)

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